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03.04.2020

Moritz Kaase, Christian Spratte und Stefanie Held nutzen das Internet intensiv zu Trainings- und Wettkampfzwecken

Gütersloh (man). Für die Radrennfahrer des RSV Gütersloh war die Saison nach dem Saison-Auftaktrennen in Herford wegen der Corona-Pandemie auch schon wieder beendet. Vorerst zumindest. Für die Breitensportler ist die Saison erst gar nicht gestartet und auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Auf der Suche nach Alternativen sind einige Radsportler im Internet fündig geworden und fahren dort virtuelle Radrennen oder nehmen an Rad-Touristikfahrten teil. Der bekannteste Anbieter ist Zwift. Als Teil der Trainingsgestaltung ist das Fahren „im Internet“ mit einem eigenen auf eine „Rolle“ gebauten Rennrades im eigenen Zuhause zwar auf dem Vormarsch, wird aber nicht von allen Radsportlern genutzt. Das gute Wetter haben die heimischen Radsportler vielmehr genutzt um sich im Einzeltraining auf den herbeigesehnten Saisonstart vorzubereiten. Das Gruppen-Training ist den hiesigen Radsportvereinen seit Mitte März behördlich verboten. Aufgrund der Saisonunterbrechung gibt es nun im Bund Deutscher Radfahrer (BDR) die Überlegung die Saison über das geplante Saisonende am zwei Oktober-Wochenende zu verlängern und die Cross-Saison später zu starten.

Einer der heimischen Radrennfahrer die das Internet sehr intensiv zu Trainings- und Wettkampfzwecken nutzen ist der Bielefelder Moritz Kaase (RSV Gütersloh). „Wegen meiner Arbeitszeiten war mir in den Wintermonaten aufgrund der früh einsetzenden Dunkelheit ein Training sonst nicht möglich und da habe ich Zwift fast täglich genutzt. Das Training draußen ist aber das weitaus wichtigere Training“, erklärt der 25-jährige Software-Entwickler, der für den RSV Gütersloh in der Eliteklasse, der höchsten Amateurklasse, startet. Kaase ist einer der wenigen RSVer die an einer von einigen Vereinen ins Leben gerufenen Rennserie teilnehmen. Prominente Elitefahrer aus NRW haben die Serie ins Leben gerufen und fahren mindestens einmal wöchentlich ein Radrennen gegeneinander. „So bleiben wir Rennfahrer wenigstens im Kontakt. Wir treffen uns schon vor dem Rennen zum Warmfahren, machen die Mikrofone an und können uns so wenigstens unterhalten“, schätzt Kaase neben der Wettkampfbelastung den Kontakt zu den anderen Radrennfahrern aus NRW. Dass das Training auf der Rolle im Internet aber nur ein ergänzender Baustein des Trainings sein kann und auch seine Nachteile hat, ist Kaase bewusst. „Es entsteht eine Art Parallelwelt“, warnt Kaase und sieht auch Nachteile. „Die Rennen im Internet sind ganz andere Rennen als in der Realität. Es gibt keine Kurven und man kann auch nicht mit Köpfchen und intelligenter Renngestaltung gewinnen, sondern nur mit reiner Kraft“, erklärt der Fünfte der Steher-DM. Die Geschwindigkeit wird in den virtuellen Radsportprogrammen wie Zwift über die pro Kilogramm Körpergewicht getretenen Wattzahlen gemessen und gesteuert. Wer da die höchsten Wattzahlen tritt fährt am Schnellsten und gewinnt das Rennen.

Dass die virtuellen Radsport-Programme aber auch ihre Bedeutung haben und eine gezielte Trainingsgestaltung unterstützen kann, hat auch der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) erkannt und bietet neben Radrennen auch RTF´s auf Zwift an. Über die Homepage der German Cycling Akademie bietet der Dachverband aller in Deutschland organisierten Radsportler auf Zwift eine Radrennserie an und nutzt die Rennserie ebenso als Scouting-Plattform wie einige Profi-Teams. So erhielt der Sieger der Serie in den vergangenen Jahren jeweils einen Profi-Vertrag im U23-Team von NTT. Als Anbieter der virtuellen Radsport-Plattform hat Swift selber über die Zwift-Akademie eine „Electronic Sport-Team“ zusammen gestellt, dass an den virtuellen Radrennen im Internet teilnimmt und aus der vor zwei Jahren Tanja Ehrath den Sprung ins Profi-Team zu Canyon-Sram schaffte. Andere Vereine oder Gruppen haben eigene „E-Sport-Teams“ gegründet. Auch beim Radsportverband OWL hat man den Trend für sich entdeckt. Der erste Versuch in diesem Winter eine OWL-Meisterschaft auszufahren ist mangels Resonanz gescheitert. Im kommenden Winter möchte Straßen-Fachwart Waldemar Grabosch einen Neuanlauf starten, denn ganz anonym möchte der Paderborner die Rad-Internet-OWL-Meisterschaft nicht ausrichten. „Wir mieten dann eine Turnhalle oder Lagerhalle an und dort wird gefahren und anschließend gibt es eine Siegerehrung. Sonst fehlt der soziale Kontakt unter den Sportlern“, erklärt Grabosch und sieht eine weitere Notwendigkeit des gemeinsamen Treffs. Ohne Wiegen geht es nicht, denn die gefahrene Geschwindigkeit wird im Internet in Relation pro Kilogramm Körpergewicht getretene Wattzahl ermittelt. Wer sich da deutlich leichter macht, fährt viel schneller.

Mit dem früheren Breitensportwart Christian Spratte und Stefanie Held sind auch zwei Breitensportler des RSV Gütersloh auf Zwift sehr aktiv. Die Gütersloherin Stefanie Held und ihre Familie haben bereits mehrere Anbieter virtueller Radsport-Plattformen im Internet getestet und sind bei Zwift hängen geblieben, weil dies die meisten Möglichkeiten und die meisten Nutzer bietet. Mit Gruppenfahrten bis 175 km Länge und insgesamt einigen tausend Kilometern hat Held schon viel Erfahrung mit dem Electronic Sport gesammelt und dabei auch einige unliebsame Erfahrungen mit den anonymen Mitfahrern gemacht. Prinzipiell findet die RSVerin das Fahren auf der Rolle im Internet aber für gut. Vereinskollege Christian Spratte hat derweil festgestellt, dass im Internet wahnsinnig Tempo gefahren wird. „Die realen Bedingungen sind leichter. Auf Zwift bist Du schnell an der Kotzgrenze. Nach 10 km oder einer Stunde relativiert sich das schnell“, hat der Steinhagener, der immer noch die CTF des RSV Gütersloh organisiert, festgestellt. „Das fahren im Internet ist wie im wirklichen Leben. Ist der Windschatten weg, musst du dich richtig quälen“, so Spratte. „Ich hoffe nur, dass der BDR mit dem Angebot im Internet der Vereinen nicht das Wasser abgräbt“, beäugt Spratte die Entwicklung trotz aller Begeisterung auch kritisch.